Ist klimaneutrales Wohnen möglich? Und wenn ja, wie schnell? Lässt sich wirklich jedes altes Haus komplett energetisch sanieren? Wir werden es herausfinden...
Im März 2023 haben wir in Walldorf ein typisches 1960er Jahre Siedlungshaus gekauft und stehen nun vor einer riesigen Herausforderung: wir wollen das alte Schätzchen mit heimischen Handwerkern so sanieren wie es im Lehrbuch des Bundesverbandes für Gebäudemodernisierung (BVGeM) steht. Es soll ein so genanntes Effizienzhaus 70 EE daraus werden. Ziel dieser Website ist es, unseren Erfahrungsschatz ehrlich und unverblümt zu teilen. Zum einen wollen wir einen echten Mehrwert für alle Modernisierungswilligen in unserem liebenswerten Städtchen Walldorf bieten. Zum anderen ist uns wichtig, dass wir als Modernisierungsberaterinnen in Zukunft nicht nur die Theorie des energetischen Sanierens vermitteln können, sondern faktisch auch in der Praxis wissen, was funktioniert.
Ratschläge von Bekannten im Vorfeld
In Deutschland sind rund 64% aller Wohngebäude vor 1979 gebaut worden und weisen in der Regel die schlechtesten Energiebilanzen auf, die es gibt. Der Sanierungsbedarf ist hoch. Auch in unserer schönen Heimatstadt Walldorf.
Als Modernisierungsberaterinnen des BVGeM sind wir mit der Theorie des energetischen Sanierens bestens vertraut. Warum sollten wir das also in der Praxis nicht hinbekommen? Allen gut gemeinten Ratschlägen zum Trotz haben wir ein Einfamilienhaus aus dem Baujahr 1962 gekauft und eine energetische Kernsanierung begonnen. Wir vertrauen auf unsere Fähigkeiten, definieren uns selbst als "Möglichmacherinnen" und wollen nicht zuletzt mit gutem Beispiel vorangehen.
Hier stellen wir unseren Bauzeitenplan vor und die Menschen, für deren Leistungen wir uns entschieden haben - Handwerker und Fachbetriebe aus der Region.
Was in den 1960er Jahren einmal schick war, ist jetzt ein energetischer Sündenfall und reif für den Entsorgungscontainer. Sämtliche Boden- und Wandbeläge, der Estrich, die Holzverkleidungen im Dachgeschoss und an der Fassade und vieles mehr... alles muss raus! Tschüss! Doch wer beherrscht das so genannte "Entkernen" und bietet zudem zuverlässige und kostengünstige Dienste in Walldorf an? Wir haben zwei Monate lang Handwerker und Fachbetriebe getroffen, Kostenvoranschläge erbeten, darüber gebrütet und kaum geschlafen. Es war absoluter Wahnsinn!!! Doch jetzt haben wir uns entschieden: am 1. Juni 2023 wird Kocer-Bau aus Wiesloch bei uns anrücken und Schritt 1 übernehmen. Zumindest ist es mündlich so verabredet. Ob unser Bauchgefühl richtig war?
Wir informieren die Stadtwerke Walldorf, dass wir während der Bauphase an unserem Haus einen funktionierenden Wasseranschluss benötigen und staunen nicht schlecht wie umsichtig und zuvorkommend wir behandelt werden. Die Stadtwerke schicken sogleich einen kleinen Trupp Mitarbeiter zum so genannten Hausschautermin und ab da wird es immer besser für uns: wir kriegen nicht nur einen Wasseranschluss, wir bekommen in den folgenden vier Wochen gleich noch einen komplett neuen Hausanschluss dazu. Und zwar zum Nulltarif! Die 4-Spartenhauseinführung ist ein kostenloser Service der Stadtwerke Walldorf für ausgewählte Altbauten.
Eigentlich sind wir nicht sexistisch, ABER... einige Männer sind schon übertrieben von sich selbst überzeugt. Und vor allem denken diese Exemplare wohl, sie könnten dem weiblichen Geschlecht alles aufschwatzen. Klar, wir müssen die komplette Elektrik in unserem Einfamilienhaus neu installieren lassen. Aber wie kann es sein, dass zwischen dem günstigsten Angebot und dem teuersten satte 40.000 Euro Preisdifferenz liegen? Zum Glück ist auf diesen Mann immer Verlass: Rainer Mertel aus St. Leon-Rot. Er ist unser ein und alles: Architekt, Energieberater, Bauleiter und Vertrauensperson Nummer1. Er verschafft uns einen Durchblick im Fachchinesisch der Kostenvoranschläge. Nur in der Elektrik-Frage haben wir uns nicht seiner Empfehlung angeschlossen. Stattdessen haben wir Delan Said aus Hockenheim gewählt. Warum? Bauchgefühl! Er wirkt wie ein tüchtiger Mann, der sofort loslegen kann. Und er scheint eine Menge Ahnung zu haben - nicht nur von Elektrik. Er sagt, er habe auch versierte Trockenbauer in seinem Team. Die haben wir gleich mit gebucht. Am 20. Juni legt Delan Said für uns los. Per Handschlag besiegelt.
Die über 60 Jahre alten Rohrleitungen in unserem Haus sind eklig. Wir haben gesehen, welcher Schmodder sich da abgesetzt hat und sofort entschieden: alle Frisch- und Abwasserleitungen müssen erneuert werden. Nur bei der Heizung fällt die Entscheidung nicht so leicht. Gleich vorweg: der Bundesverband für Gebäudemodernisierung (BVGeM), dessen Fahne wir als zertifizierte Modernisierungsberaterinnen schwingen, empfiehlt bei einer energetischen Komplettsanierung selbstverständlich den sofortigen Heizungstausch und Umstieg auf eine Wärmepumpe. ABER... wir erlauben uns auch weiterhin, selbst zu denken und eigenständig zu handeln. Deshalb wagen wir an dieser Stelle, gegebenenfalls NEIN zu sagen. Im Moment haben wir eine stillgelegte, aber vermutlich funktionierende Gastherme im Haus. Man könnte eine Fußbodenheizung installieren und die Gastherme dranklemmen. Was ist nun ratsam? Wir suchen händeringend nach einem Heizungsbauer, der uns einen überzeugenden Vorschlag macht.
Eigentlich bräuchten wir keine neue Dacheindeckung. Die Ziegel sind noch relativ neuwertig. Doch das Problem heißt "Dachdämmung". Wenn wir die Ziegel behalten wollen, müssen wir zumindest eine Innensparrendämmung durchführen lassen. Die Handwerker würden dann etwa 14 cm Dämmung von innen anbringen, damit wir insgesamt das Niveau eines Effizienzhaus 70 EE erreichen können. Eine Innensparrendämmung kostet aber Raumhöhe - und davon haben wir eh nicht so viel im Dachgeschoss. Im Moment rechnen wir durch, was eine Aufsparrendämmung, also Dämmung von außen, inklusiver neuer Dachziegel kosten würde.
Wir sind grundsätzlich gerne so unabhängig und frei wie möglich! Unseren Strom wollen wir in Zukunft selbst produzieren. Zumindest so viel wie es geht. In der Photovoltaik-Fachsprache heißt das: wir streben einen möglichst hohen Autarkiegrad an. Leider sind Solar-Module, Wechselrichter und Batterien aber wieder eine Wissenschaft für sich. Da wir bei unserer Kernsanierung ohnehin so viele Gewerke durchdringen, verstehen und koordinieren müssen, gönnen wir uns in Sachen Photovoltaik ausnahmsweise mal eine Beratung und lassen andere für uns managen: die Firma SolarPatron aus Walldorf hat uns versprochen, noch im August 2023 eine für uns optimale Photovoltaik-Anlage auf's Dach zu bringen - uns zwar mit Bestpreisgarantie. Wir haben einen Deal!
Die aktuellen Fenster im Haus sind eigentlich nicht schlecht, aber leider zweifachverglast und auch nicht unbedingt in Form und Größe so wie wir sie gerne hätten. Deshalb war ziemlich schnell klar: die lassen wir tauschen und nehmen alle Vorteile mit - von der optischen Bereicherung über energetische Vorzüge bis hin zu KfW-Fördermitteln für dreifachverglaste Fenster. Welchen Fensterbauer wir beauftragen, war auch vergleichsweise zügig entschieden. Wir haben insgesamt nur zwei Angebote eingeholt, sind in zwei Ausstellungen gefahren und haben nach ein wenig Hin und Her und Preisverhandlung unserem allseits hoch gelobten Lokalmatador in Walldorf-Wiesloch den Auftrag erteilt: Filsinger.
Wir haben den Rat des Bundesverbandes für Gebäudemodernisierung gesucht und ein Angebot erhalten: der BVGeM würde unser Haus als bundesweites Modellprojekt vorführen wollen und mit Medienpräsenz einmal exemplarisch zeigen, wie schnell und nachhaltig eine Fassadendämmung installiert werden kann. Jetzt müssen wir uns entscheiden, ob wir das wollen. Laut BVGeM wären sowohl Fassadendämmung als auch Aufsparrendämmung (Dach) in einem Durchgang in nur drei Wochen prozessoptimiert erledigt. Den Plan haben wir schon bekommen und auch Kontakte zu Handwerkern, die für eine schnelle Durchführung optimal geschult wurden. Einen kleinen Haken hat die Sache aber. Wir können uns mit den Preisen der vom BVGeM vermittelten Fachbetriebe nicht so recht anfreunden. Unser erster Eindruck: wenn es "prozessoptimiert" gehen soll, wird es umso teurer. Wie können wir beides hinbekommen - schnell und günstig? Es bleibt spannend...